Mundgeblasene Gläser

Von der Schmelze zum stilvollen Weingenuss

Die rund 1.400 Grad Celsius lassen das Innere des Ofens erglühen. Die Glasmasse ist zähflüssig, im Einsatz sind Werkzeuge, die in ihrer Art seit über 500 Jahren gleichgeblieben sind. Das ist die Bühne für ein archaisches Schauspiel, dessen Ursprung bis ins alte Ägypten zurückreicht. Bis heute hat das traditionelle Glasmachen nichts an seiner Faszination verloren. In der Josephinenhütte entstehen Gläser, die den Ruf haben, die besten der Welt zu sein. Jedes ist ein Unikat: handgeformt. Bis zu sechs Glasmacher arbeiten in einem eingespielten Rhythmus an jedem einzelnen Glas. Es ist ein fast tänzerischer Ablauf aus Formen, Drehen, Ziehen – ein Zusammenspiel von Gefühl, Präzision und Erfahrung. Jeder Handgriff sitzt, jeder Atemstoß ist Teil eines größeren Ganzen. 2019 gegründet, beruft sich die heutige Josephine auf historische Werte. Mitte des 19. Jahrhunderts war die einstige Josephinenhütte im Riesengebirge eine der bedeutendsten Glashütte Europas und der neuen Welt. 100 Jahre später, nach dem Zweiten Weltkrieg und mit einer neuen Weltordnung, verschwand sie. Der Unternehmer Marcus Meyer und der Glasdesigner Kurt Josef Zalto waren von der Handwerkskunst, den Qualitäts- und künstlerischen Maßstäben so inspiriert, dass sie sich vor sechs Jahren entschlossen, die Marke wieder zum Leben zu erwecken. Die Unternehmen Josephinenhütte hat seinen Sitz in München – mit der historischen Josephinenhütte hat sie rein rechtlich und räumlich nichts zu tun. Gefertigt wird in verschiedenen Glashütten in Osteuropa. Der renommierte Glasdesigner kreierte eine spezielle Glasserie, die dem Wein beste Möglichkeiten gibt, seinen Geschmack optimal zu entfalten und zudem dem Auge schmeichelt.

 

Am Anfang der Fertigung steht eine eigens entwickelte Rohglas-Mischung. Dieses besondere Glasgemenge verleiht dem Endprodukt in Kombination mit der langen und behutsamen Abkühlphase seine einmalige Leichtigkeit, Flexibilität und Brillanz – und damit auch eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit. Das Gemisch, das bei über 1.400 Grad Celsius im Ofen schmilzt, muss höchsten Qualitätsansprüchen genügen. Erst dann beginnt die Glasproduktion – andernfalls ruht an diesem Tag die Arbeit. In mehreren kunstvollen Schritten verwandeln die Glasmacher das glühende Rohmaterial in ein filigranes Glas. Über die zuvor an der Spitze angewärmte Glasmacherpfeife holt der Kölbelmacher etwas flüssiges Glas aus dem Ofen und formt daraus vorsichtig und präzise eine kleine, kugelige Blase – das sogenannte Kölbel.
Darüber entnimmt der Glasbläser eine dem späteren Stück entsprechende Glasmenge aus dem Hafenofen. Die große Herausforderung ist die exakte Entnahme der richtigen Glasmenge, 10 Gramm machen schon einen enormen Unterschied und entscheiden, ob das Glas die gewünschte Leichtigkeit hat. Mit Holzwerkzeugen wird die noch zähflüssige Glasmasse vorgeformt.

Unter ständigem Drehen wird das Glas in eine zweiteilige, speziell angefertigte Form eingeblasen. Der heiße Kelch, die Cuppa berührt diese Form jedoch nie – sie schwebt dank einer feinen Dampfsperre, die bei etwa 1.000 Grad entsteht. Nur die erfahrensten Glasbläser beherrschen die hohe Kunst, ein Josephine Glas nach den Anforderungen von Kurt Josef Zalto zu fertigen. Insbesondere die besonders dünnen, filigranen Glaswände und die anspruchsvolle, kantige Form verlangen den Glaskünstlern alles ab.

 

Um das Glas später sicher halten zu können, kommt zu diesem Zeitpunkt der erste Meister ins Spiel. Er erwärmt den kleinen Zapfen, der sich nach dem Einblasen an der Unterseite des Glases befindet. Mit einer rustikalen Zange zieht er den Stiel aus dem Kelch und formt ihn unter ständigem Drehen; Stiel und Kelch sind aus einem Guss. Es erfordert viel Erfahrung und ein exzellentes Augenmaß des Meisters, den Stiel ohne weitere Hilfsmittel, kerzengerade und präzise zu formen. Danach übernimmt der zweite Meister. Ein flüssiger Glastropfen kommt an den Stil. Die Glasmenge ist Augenmaß. Was dann passiert ist Können und Feingefühl. Mit einer speziellen Holzbodenschere formt der Meister durch stetiges Rotieren des Werkstücks den Fuß des späteren Glases. Jeder Handgriff erfolgt mit sicherem Auge und jahrzehntelanger Erfahrung. Wer denkt, mit der Form ist alles getan, der irrt. Nach der Formgebung durchläuft jedes Glas einen kontrollierten Kühlprozess, der mehrere Stunden dauert. Erst danach beginnt die Endbearbeitung. Um die Kappe an der Oberseite der Cuppa abzusprengen, kommt eine Diamantspitze zum Einsatz. In Kombination mit einer über 1.400 Grad Celsius heißen Gasflamme löst der Meister das Glas, dass somit seine endgültige Form erhällt. Nun gilt es den scharfen Mundrand mit speziellen Diamantwerkzeugen zu schleifen – innen und außen.

Zum Abschluss sorgt die sogenannte Feuerpolitur für den samtig-weichen Rand und die charakteristische Klarheit der Gläser. In der finalen Flammenstraße glätten sich durch die Hitze kleinste Unebenheiten, das Glas wird klar und erhält sein Leuchten. Fertig ist das von Hand gefertigte Meisterstück.

 

Vier Gläser für die gesamte Welt der Weine

Es gibt Tausende von Rebsorten auf der Welt. Etwa 2.000 davon sind für die Weinerzeugung zugelassen. Rund 50 Rebsorten haben international eine hohe Relevanz, dazu gehören u.a. Cabernet Sauvignon, Merlot, Tempranillo, Sauvignon Blanc und Chardonnay. Je nach Anbaugebiet, Ausbaupräferenz und Interpretation der Winzer entstehen aus den Trauben völlig unterschiedliche Weine. Verkostet man die fertigen Weine aus unterschiedlichen Gläsern, wird deutlich, welche Wirkung ein Glas auf den Geschmack eines Weins hat. Derselbe Wein kann aus verschiedenen Gläsern ganz anders wahrgenommen werden. Bei 'Josephinenhütte' geht es daher in erster Linie um das sensorische Weinerlebnis. Glasdesigner Kurt Josef Zalto konzentriert sich bei seiner »Josephine« Weinglaskollektion auf vier Gläsertypen, die aus seiner Sicht völlig ausreichen, um die Vielfalt der Welt der Weine abzubilden.

»Ich habe bewusst nur vier Weingläser entwickelt und bin fest davon überzeugt, dass sie die komplette Bandbreite abdecken«, sagt Kurt Josef Zalto. »Ein Weißweinglas für frische Weine und ein Champagnerglas, in dem sowohl edle Champagner als auch junge, prickelnde Schaumweine optimal zur Geltung kommen. Für all diejenigen, die sich über die Gläserwahl keine Gedanken machen wollen, empfehlen wir unser Universalglas. Es ist sozusagen das ›Schweizer Messer‹ unter den Gläsern. Das innovativste Glas unserer Kollektion ist aus meiner Sicht die No. 3 – das Rotweinglas. Denn es vereint, was über Generationen von Glasdesignern als unvereinbar galt: Bordeaux- und Burgunderglas.«