Moritz Patzer: Musik made in Aalen

Fahrzeug der ålamen Klassiktour ist der heimliche Hauptdarsteller des Musikvideos

Ein elfenbeinfarbener Mercedes SL Oldtimer, der durch die Nacht auf regennassen Straßen unterwegs ist. Am Steuer ein junger Mann, dazu eine Stimme mit Gitarrenbegleitung. Seit Juli ist das Musikvideo zum Titel »Headlights« von Moritz Patzer im Netz zu sehen, gedreht wurde es in und um Aalen. Wer genau hinsieht, der erkennt schon nach wenigen Sekunden im Video den Aufkleber mit der Nummer »52« zur ålamen Klassiktour an der linken Seite der Frontscheibe. Der Sänger und Songwriter Moritz Patzer ist dabei, sich über die Region hinaus einen Namen zu machen. Wir haben uns mit ihm über seine Musik unterhalten, haben erfahren, was ihn in-spiriert, was es mit dem Oldtimer auf sich hat und warum er derzeit in den USA ist.

Ende Juli haben Sie ihr erstes Musikvideo veröffentlicht, was aber nicht heißt, dass das auch Ihr erster Song ist. Wann und wo haben Sie mit der Musik begonnen?

In der 6. Klasse begann ich meinen musikalischen Werdegang als Sänger in einer Schulband am Ernst-Abbe-Gymnasium in Oberkochen. Nach dem Abitur löste sich die Schulband auf. Daraufhin lernte ich erstmal Gitarre spielen und begann, meine eignen Songs zu schreiben. Im April 2020 habe ich meinen ersten Song veröffentlicht.

Konnte man Sie und Ihre Musik schon auf der Bühne erleben?

Da die Veröffentlichungen meiner ersten Songs und meines Albums in die Corona-Zeit fielen, war es beinahe unmöglich, live zu spielen, auch wenn ich mir das sehr gewünscht hätte. Als sich das Kulturangebot in Deutsch-land wieder erholte, steckte ich schon mitten in den Vorbereitungen für meine Zeit in den USA – deshalb konnte ich keine Angebote für Auftritte annehmen.

Sind Ihre Songs komplett aus Ihrer Feder?

Ich schreibe meine Texte und Melodien selbst. Sobald das Grundgerüst einer meiner Songs steht, kommen meine Freunde Jonas Esslinger, Enea Taurozza und Paul Rathgeb ins Spiel. Im Studio in Oberkochen arbeiten wir zusammen die Arrangements aus. So wächst aus meiner ursprünglichen Idee in Teamarbeit ein fertiger Song.

Was inspiriert Sie musikalisch?

Ich denke, am meisten inspirieren mich Erlebnisse und Emotionen, die für mich schwer einzuordnen sind. Wenn ich sie sortiert habe, arbeite ich sie in meinen Songs auf. Häufig braucht es aber nicht viel, für eine Song-Idee. Sei es ein Satz, den ich irgendwo aufschnappe und der mir nicht aus dem Kopf geht, sei es ein Gespräch mit Menschen, die mir Nahe stehen oder ein einfacher Bilderbuch-Moment.

Hatten Sie Musikunterricht oder sind Sie Autodidakt?

Ich muss gestehen, im Schulunterricht, hätte ich wahrscheinlich besser aufpassen sollen. Seit einigen Jahren nehme ich zusätzlich Gitarrenunterricht.

Worum geht es in Ihrem aktuellen Titel Headlights?

Headlights verarbeitet ein Gefühl, das wahrscheinlich die meisten jungen Menschen an einem gewissen Punkt erleben. Es geht um den Drang aus der heimatlichen Enge zu entfliehen, neue Eindrücke zu sammeln, sich zu lösen und zu sich selbst zu finden, auch wenn dies schmerzlich oder bedrückend sein kann. Am Ende ist es meist ein Schritt der Hoffnung. Das alles habe ich im Text und der Melodie in »Headlights« eingefangen.

Was war der Grund, ein Video zu diesem Titel zu drehen? Hat man evtl. schon beim Komponieren und Texten Bilder vor Augen?

»Headlights« ist ein Song, der mir be-sonders am Herzen liegt, er ist eine sehr genaue Momentaufnahme meines Lebens zum Zeitpunkt als ich ihn schrieb. Außerdem war er die erste Veröffentlichung, nach meinem Album. Auch deshalb wollte ich etwas Besonderes machen. Konkrete
Bilder hatte ich während des Komponierens und Textens noch keine im Kopf, die entstanden im Austausch mit meinen Freunden Jakob Furis und Jonathan Stütz, die für das Video verantwortlich waren. Der Titel hat einen melancholischen Anklang. Es spielen Szenen in der Nacht und es regnet leicht. Dann kommt etwas Leichtigkeit und Übermut rein und zum Schluss der Blick über die Region.

 

Inwieweit spiegelt das Video Ihren Gemütszustand zu diesem Zeitpunkt?

Zu dem Zeitpunkt war ich mitten in den Vorbereitungen für meine Zeit in den USA. Einerseits freute ich mich riesig auf das Erlebnis, andererseits hatte ich auch immer ein bedrückendes Gefühl
im Magen, da ich zum ersten Mal meine Familie, meine Freundin und meinen Freundeskreis verlassen musste, um am anderen Ende der Welt in einer ungewissen Zeit entgegen zu blicken.

Wie war der Dreh?

Der Dreh war sehr intensiv. Die Organisation war nicht immer leicht, das Wetter machte uns häufig einen Strich durch die Rechnung und auch eine Begegnung mit der Polizei gab es – Anwohner fühlten sich vom Dreh in ihrer Straße belästigt. Trotzdem waren die Dreharbeiten ein Riesenspaß. Es war eine ganz neue ­Erfahrung für mich, die ich mit meinen Freunden und vor allem mit meiner Freundin teilen durfte.

Wer waren die Verantwortlichen für das Video?

Für die Produktion, das Konzept, den Schnitt und alles andere waren Jakob Furis und Jonathan Stütz verantwortlich. Jakob ist mein bester Freund; er ist derjenige, der mich immer wieder bestärkt hat, meine Musik überhaupt zu veröffentlichen. Er war es zudem, der nicht nur den Anstoß für die ersten YouTube-Videos gab, sondern die auch drehte; und das obwohl er sich selbst als Fotograf sieht. Als wir uns an das aktuelle Video gemacht haben, das eine Klasse besser werden sollte, sind uns  Jonathan und seine Videoarbeiten aufgefallen. Uns war ganz schnell klar: den brauchen wir im Team. Es war zwar auch sein erstes Musikvideo in dieser Form, aber er ist videotechnisch sehr taltentiert und erfahren und genau das brauchten wir. In diesem Dreier-Gespann haben wir schließlich alle weiteren Schritte ausgearbeitet, umgesetzt und final bearbeitet.

Im Video sind Sie mit einem Oldtimer in der Region unterwegs. Ist das Ihr Auto?

Das Auto gehört zur Familie, daher darf auch ich es benutzen. Gott sei Dank.

Warum gerade ein Oldtimer?

Jakob und ich schnappen uns das Auto gerne zu Ausfahrten. Wir sind beide absolut in den alten Benz verliebt. Daher war von Anfang an klar, dass der SL eine tragende Rolle im Video spielen soll.
Außerdem ist das Auto ein Symbol für Freiheit und Aufbruch. Ein neues Auto strahlt diesen Charme nicht aus.

Wer genau hinsieht, der entdeckt an der Fahrerseite den Aufkleber der ålamen Klassiktour. Wann sind Sie dort mitgefahren?

Ich weiß es nicht mehr genau, ich denke es muss 2016 gewesen, denn ich hatte noch keinen Führerschein und »durfte« auf dem Beifahrersitz bei meinem Vater mitfahren.

Das Video wurde in den letzten 2 ½ Monaten knapp 2.300 Mal aufgerufen. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?

Auch wenn ich mir ein paar Klicks mehr gewünscht hätte, war die Resonanz absolut überwältigend. Viele haben das Video geteilt und mir geschrieben, dass es ihnen sehr gut gefallen hat, was für mich unfassbar schön war. Dass ich angesprochen wurde, war erstmal seltsam, aber irgendwie auch toll.

Sie sind seit Anfang September in den USA. Wo sind Sie genau und hat dieser Aufenthalt etwas mit Ihrer Musik zu tun?

Aktuell bin ich in Santa Barbara und studiere dort für ein Semester BWL. Direkt hat mein Aufenthalt also nichts mit meiner Musik zu tun. Aber natürlich habe ich meine Gitarre eingepackt, um die neuen Eindrücke in neue Songs einfließen zu lassen.

Was haben Sie musikalisch als nächstes geplant?

Im letzten Jahr haben wir zahlreiche Songs fertiggestellt, die nach und nach veröffentlicht werden. Wenn ich wieder zu Hause bin, möchte ich auf jeden Fall live spielen und auf eine kleine Tour gehen.

Könnten Sie sich vorstellen, Berufsmusiker zu sein?

Das wäre mein größter Traum.