ZEI-Tec schafft neue Arbeitsplätze

Zeitenwende in der Energiebranche am Traditionsstandort Aalen-Wasseralfingen

Der 8. Juli 2021 kann einmal als Zeitenwende in der Energiebranche in die Annalen eingehen. In der Gießerei der einst königlichen Schwäbischen Hüttenwerke (SHW) in Aalen-Wasseralfingen, wo im Jahre 1671 Fürstpropst Johannes Christoph III. von Freyberg den ersten Hochofen in Aalen betrieb und damit die nun 350 Jahre währende Industriehistorie Aalens begründete, und wo am 28. März 2019 der letzte Guß der aus der Insolvenz nicht mehr zu rettenden SHW Casting Technologies GmbH beweint wurde, schlägt die 2017 gegründete ZEI-Tec GmbH ein neues Kapitel auf. Mit Zuversicht und Optimismus, mit klugen Innovationen und mutigen Erfindergeist. Und mit dem Rückenwind einer Förderung von exakt 7.434.150 Euro aus dem Innovationsprogramm des Bundesumweltministeriums. Zur Überreichung des Schecks in dieser ungewöhnlichen hohen Fördersumme durch die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter und Aalens Oberbürgermeister Thilo Rentschler an ZEI-Tec-Geschäftsführer Dr. Bertram Ehmann und Produktionsleiter Dr. Ulf Schmidtgen kamen hochrangige Vertreter/innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Dank rund sechs Millionen Transformatoren fließt in ganz Europa der Strom. In diesen Geräten sind derzeit überwiegend Kerne aus Elektroblech im Einsatz. Das Problem: Dadurch geht eine riesige Menge an Energie verloren, die Produktion dieser Bleche verbraucht zusätzlich Rohstoffe und Ressourcen. Die ZEI-Tec GmbH hat dafür eine Lösung - und setzt auf neuartige weichmagnetische Eisenkerne, eine Art Folie, die halb so dick ist wie ein menschliches Haar. Diese sollen bald auf einer hochmodernen Produktionsanlage in Aalen hergestellt werden.
Dr. Bertram Ehmann, Gründer und Chef von ZEI-Tec, macht deutlich, dass seine Firma erst am Anfang stehe. In Aalen sollen in den kommenden Jahren viele Millionen Euro investiert werden, weitere Produktionslinien folgen, und bis zu 350 Arbeitsplätze entstehen.

 

„Wir suchen in der ersten Phase Techniker/innen in den Bereichen Elektro, Werkzeug- und Maschinenbau sowie Projektleiter/innen, auch Handwerker/innen. Dabei wollen wir ganz bewusst auch Frauen eine Chance geben, sich in einer innovativen Firma weiter zu entwickeln. Auch in der Verwaltung suchen wir Frauen mit buchhalterischem Grundkenntnissen und organisatorischen Fähigkeiten, die selbstständig das Geschäftsleitungsbüro managen können", betont Ehrmann.

„Die Technologie unserer neuen Anlage ist ein Quantensprung", sagt Ehmann, der früher hochrangige Führungspositionen bei Siemens und ABB innehatte und danach die ZEI-Tec aufgebaut hat. Die Eisenkerne sollen mittelfristig nicht nur in Transformatoren, sondern auch in Elektroautos zum Einsatz kommen. „Alleine dadurch kann die Reichweite um durchschnittlich 15 Prozent steigen", sagt Ehmann. Weiterer Vorteil: Bei der Herstellung wird im Vergleich zur Fertigung von Elektroblech 60 Prozent weniger Energie verbraucht. „Das Revolutionäre liegt im Material selbst", präzisiert Ehmann, „amorphes Eisenmaterial ist sehr verlustarm. Was in den Transformatoren als Verlust entsteht, wird erheblich reduziert. Und zwar um einen Faktor 10 gegenüber dem Elektroblech. Wie eine Glühlampe zur LED – so kann man es sich etwa vorstellen. Der wesentliche Vorteil ist, dass der Energieerzeuger weniger Energie erzeugen muss. Wenn man Kohlekraftwerke oder Atomkraftwerke hat, ist das beherrschbar, aber jetzt haben wir erneuerbare Energie als wesentlichen Quelle – die ist aber volatibel, mithin schlecht planbar. Und wenn wir dann viel Energie in Transformatoren verbrauchen, dann ist das schwerer steuerbar".

 

Ein weiterer Standortvorteil ist die Hochschule, genauer das „Zentrum innovativer Materialien und Technologien für effiziente elektrische Energiewandler-Maschinen" (ZiMATE). „Das ZiMATE ist eine wichtige Infrastruktur für uns. Es verfügt über eine Ausrüstung, wie sie teilweise nicht mal große Konzerne besitzen", sagt Ehmann. Hochschulrektor Prof. Dr. Gerhard Schneider ist von der ZEI-Tec-Technologie überzeugt: „Das weichmagnetische Material ist für Transformatoren, Generatoren und Motoren von sehr großer Relevanz. Die weitere Elektrifizierung vieler Bereiche erfordert Materialinnovationen für effiziente Transformation und Energiewandlung. ZEI-tec verfolgt einen interessanten und vielversprechenden Ansatz zur Herstellung von Materialverbunden für deutlich reduzierte Verluste".
Im Herbst kommenden Jahres soll die Serienproduktion starten. Herzstück ist die Gießanlage, die mit einer Geschwindigkeit von rund 90 Stundenkilometern die 35 bis 40 Mikrometer dicke und 20 Zentimeter breite „Folie" herstellt. Jährlich sollen davon 250 Millionen Kilometer produziert werden. Bis zu vier Produktionslinien sind am Standort Aalen denkbar, blickt Ehmann voraus, der für diesen Fall mit 300 bis 350 Arbeitsplätzen und einem Umsatz von rund 250 Millionen Euro rechnet.

„Die Ansiedlung von ZEI-Tec ist ein wichtiges Signal zum richtigen Zeitpunkt", erklärt Thilo Rentschler, ich bin froh über das Investment, die neuen Arbeitsplätze und die Technologie an diesem traditionsreichen Standort. ZEI-Tec wird beim Umsetzen ihrer neuen Technologie, die eine Revolution im Bereich des Trafobaus darstellt, von der Wirtschaftsförderung der Stadt Aalen mit ihrem Leiter Felix Unseld begleitet und unterstützt. Ressourcenschonend und innovativ – so knüpft ZEI-Tec an die über 350 Jahre alte Industrietradition Aalen an. Der Transformationsprozess, den die gesamte Wirtschaft gerade durchläuft, wird durch die Ansiedelung von ZEI-Tec mit beflügelt."
Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter sagt: „Das Projekt ist vorbildlich: Es spart Energie, Wasser und weitere Ressourcen." Technologien wie diese seien wichtiger Bestandteil des Plans der deutschen Bundesregierung bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dr. Fred Öchsle von der Netze BW in Stuttgart betont, wie wichtig es sei, eine solche Technologie in Deutschland zu haben. „Wenn diese Eisenkerne im Inland hergestellt werden, sind wir unabhängig von Lieferketten im Ausland".

 

Ebenfalls ein Geldgeber des Projekts ist die Kreissparkasse Ostalb, deren Vorstandsmitglied Dr. Christof Morawitz die Standortentscheidung von ZEI-Tec als Meilenstein lobt: „Wir wollen gemeinsam das Projekt zum Fliegen bringen." Dass dies gelingt, davon zeigt sich auch Dr. Oliver Buse, der das Projekt beim Förderungsprozess beratend begleitet, überzeugt: „Wir stehen vor einer epochalen Entwicklung, hinter der kluge Köpfe stecken".

Die Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (SPD) und der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) hatten sich bei Bundesumweltministerin Svenja Schulze für die Förderung eingesetzt. „Mit ZEI-Tec zeigt ein hochinnovatives Unternehmen, dass Klimaschutz und wirtschaftliches Wachstum gut zusammenpassen. Diese Investition wird den Standort Aalen nachhaltig prägen. Die einzigartige Zukunftstechnologie hat das Potential dem Land Baden-Württemberg weitere wirtschaftliche Impulse zu geben. Das ist eine großartige Nachricht für die Region. Das Förderkonzept des Unternehmens hat überzeugt", erklärt Breymaier. Und Kiesewetter sagt: „Dieses neue Unternehmen ist Mut machend, da es den richtigen Weg in die Zukunft zeigt. In unserer Region entsteht die Wertschöpfung von Morgen und damit schaffen wir nachhaltige Arbeitsplätze und erhalten Wohlstand. Wenn wir über Transformation und Strukturwandel sprechen, dann ist die ZEI-Tec GmbH ein optimistisches Beispiel, diese Herausforderung für unser Land anzugehen".

Das Marktpotenzial ist groß. Kein Wunder also, dass nicht nur das Umweltministerium in das Start-up investiert, ebenso sind zahlreiche Energieversorger wie E.ON über ihre Betreibergesellschaften bei ZEI-Tec engagiert. „Es ist eine große Ehre, Freude, aber auch Verpflichtung, an diesem wahrscheinlich ältesten Industriestandort Deutschlands, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1365 zurück reichen, die Tradition der Eisenverarbeitung aufrechtzuerhalten", betont Ehmann. Doch nicht nur die Industriegeschichte lockte ihn und seine Firma nach Aalen.