Hier blüht Dir was

Der wilde Blumensommer in Abtsgmünd

Abtsgmünd hat in Sachen Natur schon immer etwas mehr zu bieten. Endlose Wälder weben ihre magischen Bänder durch die Gemeinde, frische Bächlein und Flüsse winden sich durch grüne Wiesen. Und nun hat der staatlich anerkannte Erholungsort auch noch großzügig ausgesät.

  • Wilder Blumensommer
  • Wilder Blumensommer
  • Kalifornischer Mohn
  • Feldrittersporn

rund  20 000 Quadratmetern finden sich mehr als 50 große und kleine, bunte Blumenwiesen, an denen sich das Auge des Betrachters, vor allem aber Bienen und allerlei andere Insekten erfreuen und laben können.

„Generell sind Wildblumenwiesen wunderschön anzusehen, blühen bis in den Herbst, sind pflegeleicht, sind vor allem ökologisch wertvoll und ein wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt“, erklärt Abtsgmünds Bürgermeister Armin Kiemel den Hintergrund. Das Ziel: Ein schöneres Abtsgmünd. Ein vielfältigeres Abtsgmünd und vor allem ein Abtsgmünd mit intakter Natur, denn fast unbemerkt gehen Tier- und Pflanzenarten immer weiter zurück. Seit 1950 sank die Zahl der heimischen Insekten um mehr als 30 Prozent! Einerseits fehlt die Vielfalt auf den Wiesen, andererseits werden die Wiesen gemäht, bevor wilde Blumen und Blüten aussamen können. Hausgärten werden noch häufiger gemäht und oft stehen dort Pflanzen, die Insekten nicht nutzen können.


Die Konsequenz daraus spüren Bienen und Co. am deutlichsten. Wildinsekten verhungern und Imker müssen zufüttern. Viele der rund 560 heimischen Wildbienen- oder Schmetterlingsarten sind akut bedroht. „Man muss etwas tun, ehe die Natur keine mehr ist“, so Armin Kiemel. „Es sieht zwar alles grün und schön aus, die Gärten sind gepflegt, doch die Insekten verhungern, sobald die Baumblüte vorbei ist und alle Grünflächen gemäht sind. Wer aufmerksam spazieren geht, sieht das.“ Insekten, die das Ende des Sommers nicht erleben, bringen keine Nachkommen ins nächste Jahr. Eine der Auswirkungen: Der Ertrag an Obst im Folgejahr wird weniger, der Ökokreislauf verändert sich mit jedem Jahr. Die Gemeinde hat deshalb, beraten von Landschaftsplanern und Naturschutz-
experten, Wildblumenwiesen angelegt und diese in  einjährige und in mehrjährige Wiesen unterteilt. Die einjährigen Mischungen sind hauptsächlich innerorts ausgesät und bieten neben Nahrung für allerlei Insekten einen prachtvollen Anblick. Auf vielen kleinen Flächen entfalten sie nun ihre Blüten und Düfte.

Im Laufe des Sommers können alle unter den Wildblumenwiesen ihre Lieblingswiese küren und ein Blütenmenü in einer der Abtsgmünder Gaststätten gewinnen. Speziell dafür gibt es in der Abtsgmünder App die Rubrik „Wildblumensommer“. Darin findet sich unter anderem eine Übersichts-
karte mit allen Wildblumenwiesen und den entsprechenden Infos.

Welche Wildblumenwiese das Rennen macht, wird sich zeigen – ob es eine der eher auffälligen einjährigen Mischungen oder eine der mehrjährigen „Wilden Blumen“ wird. Die mehrjährigen auf den großen Bereichen der Ortsrandlagen bestechen durch eher zurückhaltende Blütenpracht, manch einer hält sie gar für „Unkraut“. Doch gerade sie sind es, die seit Jahrhunderten die typischen Wiesenpflanzen unserer Heimat sind und schon seit Jahren nach und nach verschwinden. Genau ihre Vielfalt ist es, die für unglaublich viele Wiesen-
bewohner so wichtig ist. Auf manchen erlangen bestimmte Pflanzen die Oberhand, auf manchen setzt sich eine immer buntere Mischung durch. Wer genau hinsieht, den ziehen gerade diese ganz „wilden“ Wiesen in ihren Bann.

Besucher aus der Region und darüber hinaus können so entdecken, wie schön und nachahmenswert naturnaher, ökologisch wertvoller Blumenschmuck sein kann. Die Gemeinde geht ganz neue Wege, um Natur, Vielfalt und Ökologie nachhaltig ins Bewusstsein zu rücken. „Die Blumenwiesen sollen zuallererst gefallen“, meint Bürgermeister Armin Kiemel. „Dann schauen die Menschen, lernen zu sehen, nachzuahmen und wollen im besten Fall mehr über ökologische Zusammenhänge erfahren.“ Genau deshalb findet ein breit gefächertes Begleitprogramm statt, das von Wildkräuterführungen,



 Wiesenwanderungen und Imkerführungen über Kochkurse mit wilden Blüten bis hin zu Podiumsdiskussionen reicht und in das zahlreiche Abtsgmünder Vereine sowie Schulen und Kindergärten mit einbezogen sind.

Armin Kiemels Idealvorstellung ist, dass Bienen und Co überall in Abtsgmünd den ganzen Sommer über Nahrung finden – nicht nur, wenn Obstbäume und Gänseblümchen blühen: „Es muss raus aus den Köpfen, dass nur ein akkurat gestutzter Garten ein akzeptabler Garten ist. Ein solches Denken können wir uns nicht mehr lange leisten.“ Im nächsten Jahr wird es deshalb noch mehr Wildblumenwiesen geben. Auf weiteren kleinen, zentralen Grünflächen und Beeten, aber auch in den großen Ortsrandlagen. Armin Kiemel setzt auf den Dialog, beispielsweise mit den Landwirten, die Mais für Biogasanlagen anbauen. „Es gibt zahlreiche Pflanzen für Biogasanlagen, die blühen, also den Insekten Nahrung bieten und ohne Chemie auskommen. Da sollten wir ansetzen.“ Einen großen Rückhalt aus der Bevölkerung hat er bereits. Über 20 private Gartenbesitzer und Vereine haben die Notwendigkeit erkannt und machen mit. Viele Landwirte waren von Anfang an von dem Projekt begeistert und haben auf ihren Wiesen Wildblumen eingesät. Der wilde Sommer in Abtsgmünd lebt vom Miteinander. Armin Kiemel will zeigen, wie schön Artenvielfalt und Umweltschutz sein können. Wer genau hinsieht, der wird immer wiederkommen, wird betrachten und schnuppern, ankommen und aufatmen – und er wird den wilden Blumensommer in Abtsgmünd genießen.